Rauchringe waren nicht nur ein Thema in Mathematik und Physik sondern auch in der Architektur. 1934 erschien in Popular Science Zeitschrift eine kleine Kolumne über spiralförmig gebaute Kamine in Italien, die Rauchringe produzieren. Auch der japanischer Künstler Takeshi Ishiguro arbeitet an der Herstellung von Rauchringen.
Kamine für Rauchringe
Monsterrhetorik
Hier können der Monstervortrag und Monsterbilder aus dem Seminar runtergeladen werden.
Projekt: Architektonisches Falten/Peter Eisenman
In diesem einjährigen Projekt wollen wir versuchen, sowohl die ästhetische Methode und Mode des Faltens und die damit einhergehende architekturtheoretische Debatte, die das avancierte Bauen der neunziger Jahre dominierte, als auch das Denken eines Architekten (Peter Eisenman), der schon bald im Zentrum dieser Debatte stand, im Rahmen mehrerer Seminare und Lektürekurse nachzuvollziehen und zu begreifen. Es besteht weder die Pflicht noch die Notwendigkeit, an all diesen Veranstaltungen teilzunehmen; den Studierenden aber, die tiefer in eine Thematik einsteigen möchten, die einen Glanzpunkt in der Theorie und Praxis der postmodernen Architekturavantgarden markiert, möchte ich die Möglichkeit bieten, dies über einen längeren Zeitraum zu tun.
In diesem Sommersemester werden wir entgegen der gängigen Praxis, sich das Thema Faltung im Schnelldurchgang durch einige wenige einschlägige Texte zu erschließen, uns ausgiebig mit dem Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) beschäftigen, der Philosoph, Theologe, Logiker, Mathematiker, Sprachforscher, Naturforscher, Politiker und Ingenieur etc. war und uns die ganze „Falterei“ eingebrockt hat. Nicht direkt zwar, aber durch die emphatische Vermittlung des französischen Poststrukturalisten Gilles Deleuze, der 1988 das viel diskutierte Buch Le pli. Leibniz et le baroque („Die Falte. Leibniz und der Barock“) vorlegte – ein Ergebnis seiner intensiven Beschäftigung mit dem Barockgelehrten, dessen spekulatives Denken eine Fundgrube ist für radikale Aktualisierungsversuche.
Parallel zum „Leibniz-Seminar“ findet ein Lektürekurs statt, in dem wir uns mit dem jungen Peter Eisenman beschäftigen und gemeinsam seine Dissertation „Die Formale Grundlegung der modernen Architektur“ (1963) lesen. Sie endet mit Analysen von zwei Gebäuden seines Vorbildes Giuseppe Terragni und eröffnet uns so die Möglichkeit, einen Blick in Eisenman’s letzte große Buchveröffentlichung: Guiseppe Terragni. Transformations, Decompositions, Critiques (2003) zu werfen, die den Faden seines Erstlingswerk wieder aufnimmt, nachdem er sein besonderes Verhältnis zur leibnizianisch-deleuzeschen Maschinentheorie definiert und in Begriffen wie der Faltung und des „Interstitiellen“ fixiert hatte.
Mit dieser Bemerkung bin ich schon im Wintersemester angekommen, in dem wir uns in der Fortsetzung des Lektürekurses mit Eisenman’s Schriften aus den 90iger Jahren zuwenden, die, wie etwa „Die Entfaltung des Ereignisses. Unfolding Frankfurt“ (1991) oder „Visions’ Unfolding“ (1992), uns exemplarisch vor Augen führen, wie und warum sich ein bauender und theoretisierender Architekt von der zeitgenössischen Philosophie inspirieren lässt. In der Fortsetzung des Seminars trauen wir uns dann endlich an Deleuze und sein Faltenbuch und machen uns zugleich mit Greg Lynns legendärem Sammelband Folding in Architecture (1993) vertraut, der vor drei Jahren neu aufgelegt wurde, aber auch mit Publikationen von Bernard Cache u. a. experimentellen Architekten. Am Ende werden wir wissen, wovon andere nur reden.
Seminar: Folding Architecture and Unfolding Philosophy
1. Teil: „Wir bleiben Leibnizianer...
Bei dieser Lehrveranstaltung handelt es sich um eine Kombination von Seminar und Lektürekurs. Im Seminarteil versuchen wir uns in Form von Vorträgen und Referaten des vielgesichtigen Leibniz’ zu vergewissern. In fünf Blöcken, die sich über mehrere Seminarsitzungen verteilen können, unterrichten uns kleine Arbeitsgruppen über folgende Themenbereiche:
1. Schilderung des „Geschichts- und Kulturraumes“, in dem Leibniz wirkte und von dem er geprägt wurde. Wir müssen einen guten Eindruck davon bekommen, wie damals die politischen Verhältnisse und Bündnisse aussahen (nicht nur am hannoverschen Hof. Leibniz unterhielt u. a. diplomatische Beziehungen mit Wien, Paris, London und Petersburg!). Uns hat die Entwicklung von Wissenschaft, Kunst, Handwerk, „Industrie“ und Technik zu interessieren, die Bedeutung der Religion, Formen der Herrschaft, die Alltagskultur und Lebensbewältigung (Wohnen, Arbeiten, Essen, Sexualität, Kleidung, Gesundheit etc.), die Stellung des Intellöektuellen in der Gesellschaft und am Hofe und vieles andere mehr...
2. Kunst- und Kulturgeschichte des Barock. Während die erste Gruppe das Thema Kunst stiefmütterlich behandeln darf, steht hier die Schilderung der Entwicklung der Künste: der Literatur und Musik, besonders aber der Bildenden Künste (Architektur, Malerei und Bildhauerei) im Mittelpunkt. Einmal, um herauszufinden, was unter dem Barock als Epochenstil verstanden wird (z. B. bei Heinrich Wölfflin: Renaissance und Barock. Untersuchung über Wesen und Entstehung des Barockstils in Italien), und zum anderen im Hinblick auf Deleuze, der ja mit seinem Leibniz-Buch nicht nur eine Philosophie, sondern auch eine Ästhetik des Barock vorlegte. Im kunsthistorischen Zusammenhang dürfen wir uns einen Vorgriff auf die „Kunst der Falte“ erlauben...
3. Leibniz als Fürstenberater, Landeshistoriker, Jurist und Staatsrechtler, Politiker und Diplomat (Vordenker Napoleons, „Manipulator“ der englischen Thronfolge etc.). Hier werden die einschlägigen Biografien nützlich sein. Eine erste erschien schon 1717, ein Jahr nach seinem Tod, als Nachruf des Sekretärs der Académie des sciences in Paris, einem Monsieur Fontanelle, der sich auf das Manuskript des langjährigen Schreibers von Leibniz, J. G. Eckhart, stützte, das erst 1779 unter dem Titel „Lebensbeschreibung des Freiherrn von Leibniz“ in den Druck kam. „Des Herrn Fontanelles Lobschrift“ findet sich in der Ausgabe der Theodicee des Akademie-Verlages von 1996. Die älteste „moderne“ Biografie ist sehr umfangreich und stammt von G. E. Guhrauer (1846). Natürlich gibt es auch Leibniz-Biografien aus unserer Zeit (Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz, München 2000) und eine Übersicht über Leibniz-Biographien von J. A. Eberhard und J. G. Eckhart (Hildesheim 1982).
4. Leibniz als Logiker, Mathematiker (Konkurrent Newtons), Naturwissenschaftler. Hierzu sind natürlich in erster Linie die vom Berliner Akademie Verlag herausgegebenen mathematischen Schriften und der naturwissenschaftlich-technische Briefwechsel bzw. die bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts von C. J. Gerhardt herausgegebenen mathematischen Schriften zu berücksichtigen. Übrigens gibt es einen Text von Erhard Scholz mit dem Titel „G. W. Leibniz als Mathematiker“, der als PDF herunter zu laden ist (www.math.uni-wuppertal.de/~scholz/preprints/Leibniz.pdf). Bertrand Russel hat sich zum Logiker Leibniz geäußert und Ernst Cassirer zum Wissenschaftler Leibniz. Wen der Prioritätenstreit in Sachen Infinitesimalrechnung interessiert, sollte außerdem in Isaac Newtons Philosophiae naturalis principia mathematica von 1687 schauen.
5. Leibniz als Sprachwissenschaftler und Vorläufer der Informatik, sowie als Konstrukteur der Rechenmaschine und Vorläufer des Computers (Unterthema: Leibniz als Ingenieur)
Darüber, dass Leibniz als Vorläufer der modernen Informatik und Computertechnologie
gelten kann, informieren Werner Künzel und Peter Bexte in ihrem Buch „Allwissen und
Absturz“ (1993). Dass Leibniz auch ein Pionier der Hardware war, zeigt die Tatsache,
dass er sich über lange Jahre mit dem Bau einer Rechenmaschine beschäftigte, die
alle vier Grundrechenarten ausführen sollte. In mehreren Anläufen entstanden einige
Versionen, die aber ihre Tücken hatten. Es ist nicht bekannt, ob seine letzte, die so
genannte jüngere Maschine zu seinen Lebzeiten funktioniert hat. Ein Mechaniker der
Tu Dresden stellte 1985 einen ersten voll funktionsfähigen Nachbau der Maschine her.
Leibnizens Tätigkeit als Ingenieur zeigte sich insbesondere bei der erfolglosen
Konstruktion liegender Windmühlen, die Wasser aus Bergwerken pumpen sollten.
Im Lektüreteil werden wir folgende Schriften lesen, die auch von Deleuze besonders berücksichtigt wurden, und diskutieren:
1. Metaphysische Abhandlung (1685/86)
2. Das Neue System (1695)
3. Aus der Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade (1714)
4. Monadologie (1714)
Lektürekurs: Peter Eisenman
1. Teil: Die formale Grundlegung der modernen Architektur
Uns stehen nach der Einführung 10 Sitzungen zur Verfügung, die wie immer von einzelnen Teilnehmern vorbereitet (gründliche recherchiert und mit Anschauungsmaterial versehen) sowie (auszugsweise) vorgelesen und zur Diskussion gestellt werden:
1. Einführung. Erstes Kapitel: Form in ihrer Beziehung zur Architektur
2. Zweites Kapitel: Die Eigenschaften der generisch architektonischen Form
3. Drittes Kapitel: Die Entwicklung formaler Systeme
4. Schweizer Pavillon und Cité de Refuge. Le Corbusier
5. Haus Darwin D. Martin und Haus Avery Coonley. Frank Lloyd Wright
6. Gemeindezentrum in Säynätsalo und Museumsprojekt in Tallinn. Alvar Aalto
7. Casa del Fascio und Kindergarten in Como. Guiseppe Terragni
8. Fünftes Kapitel: Abgeschlossene Theorie und Theorie mit offener Ausrichtung
9. Transformations, Decompositions, Critiques (2003)
10. Einführung von Werner Oechslin. Resümee
Wintersemester 2008/09
Seminar: Folding Architecture and Unfolding Philosophy
2. Teil: ... und werden Deleuzeianer“
Lektürekurs: Peter Eisenman
2. Teil: Ins Leere geschrieben
Literatur
Schriften von Leibniz
Im Akademie Verlag Berlin entsteht seit den 80iger Jahren die Ausgab der sämtlichen Schriften und Briefe. Gegliedert sind die Bände nach Themengebieten. Erschienen sind inzwischen:
Philosophische Schriften. Reprint
Bd. 1: 1663-1672
Bd. 2: 1663–1672
Bd. 3: 1672–1676
Bd. 4: 1677–Juni 1690
Bd. 6: Nouveaux Essais
Philosophischer Briefwechsel
Bd. 1: 1663-1685
Bd. 2: 1686-1694
Politische Schriften
Bd. 1: 1667-1676
Bd. 2: 1677-1687
Bd. 4: 1680-1692
Bd. 5: 1692-1694
Bd. 6: 1695–1697
Allgemeiner politischer und historischer Briefwechsel 1676–1702 in 20 Bänden
Mathematische Schriften
Bd. 1: 1672-1676. Geometrie - Zahlentheorie - Algebra (1. Teil)
Bd. 2: 1672-1676. Algebra (2. Teil)
Bd. 3: 1672-1676. Differenzen, Folgen, Reihen
Bd. 4: 1672–1673. Infinitesimalrechnung
Mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Briefwechsel
Bd. 1: 1672-1676
Bd. 3: 1680 - Juni 1683
Bd. 4: Juli 1683 - Dezember 1690
Bd. 5: 1691-1693
Bd. 6: 1694 - Juni 1696
Hauptschriften zur Versicherungs- und Finanzmathematik, hg. v. Eberhard Knobloch und Matthias Graf von der Schulenburg, Berlin 2006
Herrn Gottfried Wilhelms Freiherrn von Leibnitz Theodicee: das ist, Versuch von der Güte Gottes, Freiheit des Menschen, und vom Ursprunge des Bösen, [Reprint der Ausg. 1744], hrsg. Von Hubert Horstmann, Berlin 1996
In anderen Verlagen erschien u. a.:
Gottfried Wilhelm Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe. Hrsg. von der Berlin Brandenburgischen und der Göttinger Akademie der Wissenschaften, vormals Preussische Akademie, danach Akademie der Wiss. der DDR, 8 Serien, Darmstadt, später Leipzig und Berlin 1923 ff.
Gottfried Wilhelm Leibniz: Kleine Schriften zur Metaphysik, hrsg. und übers. von Hans Heinz Holz, Frankfurt am Main Suhrkamp 1996
Gottfried Wilhelm Leibniz: Monadologie und andere metaphysische Schriften, französisch-deutsch, hrsg., übers., mit Einl., Anm. und Registern vers. von Ulrich Johannes Schneider,
Hamburg Meiner 2002
Gottfried Wilhelm Leibniz: Neue Abhandlung über den menschlichen Verstand, Stuttgart 1993
Gottfried Wilhelm Leibniz: Schriften zur Logik und zur philosophischen Grundlegung von Mathematik und Naturwissenschaft, hrsg. und übers. von Herbert Herring, Frankfurt am Main Suhrkamp 1996
Gottfried Wilhelm Leibniz:. Mathematische Schriften. Hrsg. C. J. Gerhardt, 7 Bände. Berlin/Halle 1849-1863, Nachdruck Hildesheim 1971
Gottfried Wilhelm Leibniz: Der Beginn der Determinantentheorie. Leibnizens nachgelassene Schriften zum Determinantenkalkül. Hrsg. E. Knoblich, Hildesheim 1980
Literatur über Leibniz:
Ernst Cassirer: Gesammelte Werke. Hamburger Ausgabe, Band 1 „Leibniz' System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen“, Darmstadt Wiss. Buchges., 1998
Ludwig Feuerbach (1837): Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnizschen Philosophie, in: ders., Gesammelte Werke, Band 3, Berlin 1984
Albert Heinekamp, Franz Schupp: Leibniz’ Logik und Metaphysik
Friedrich Hermanni, Herbert Breger: Leibniz und die Gegenwart, München 2002
Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biografie, München 2000
Hans Heinz Holz: Gottfried Wilhelm Leibniz, Frankfurt am Main 1999
Kurt Huber: Leibniz, München 1951
Werner Künzel, Peter Bexte: Allwissen und Absturz. Der Ursprung des Computers, Frankfurt am Main 1993
Bertrand Russel: A critical exposition of the philosophy of Leibniz, London 1900
Christina Schneider: Leibniz' Metaphysik. Ein formaler Zugang, München 2001
Erwin Stein, Peter Wriggers (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Das Wirken des großen Universalgelehrten als Philosoph, Mathematiker, Physiker, Techniker, Leibniz-Universität Hannover 2007
Literatur von Peter Eisenman:
Peter Eisenman: Die formale Grundlegung der modernen Architektur, Reihe: Studien und Texte zur Geschichte der Architekturtheorie, hg. v. Werner Oechslin, gta Verlag, Zürich 2005
Peter Eisenman: TERRAGNI, GIUSEPPE -. Transformations, Decompositions, Critiques, Essays by Giuseppe Terragni & Manfredo Tafuri, New York 2003
Peter Eisenman: Ins Leere geschrieben, hrsg. von Peter Engelmann, Wien: Passagen
Verlag 2005, ISBN 3-85165-675-X
Peter Eisenman: Aura und Exzeß. Zur Überwindung der Metaphysik der Architektur, hrsg. von Ulrich Schwarz, Wien: Passagen Verlag 1995, ISBN 3-85165-165-0
Literatur zu Deleuze und die Faltung:
Greg Lynn (Ed.): Folding in Architecture (Paperback) 1993/2004
Michaela Ott: Gilles Deleuze zur Einführung, Hamburg Junius 2005
Gilles Deleuze: Die Falte. Leibniz und der Barock, aus dem Franz. von Ulrich Johannes Schneider, Frankfurt am Main Suhrkamp 2000
Gilles Deleuze u. Felix Guattari: Was ist Philosophie?, aus dem Franz. von Bernd Schwibs und Joseph Vogl, Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, Frankfurt am Main 2003
Gerd de Bruyn: Avantgardismus, Modernismus und Traditionalismus
Tagung: “Ungeliebte Moderne? - Kritische Würdigung von Arbeiten von Johannes Petzer Hölzinger”
Akademie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen
19. April 2008 in Bad Nauheim
Überdreht2 auf der 11. Langen Nacht der Museen
Ergebnisse des Lehrauftrags (Asli Serbest und Mona Mahall)
an der Merz Akademie - Neue Medien
Stadtbücherei im Wilhelmspalais
05. April 2008, 19 bis 23 Uhr